Bully
Name: Bully
Geburtstag: 28. Dezember 1996
Rasse: Südafrikanischer Cobull
Bully
war mein allererster Hund. Aber vor allem war er mein Lehrer, mein
Beschützer, so wie ich seiner, meine Inspiration und mein bester
Freund. Ich war elf als Bully Ostern 1997 bei uns einzog. Es waren
die schönsten Ferien meines Lebens. Er begleitete mich meine ganze
Zeit als Jugendliche. Bully war immer mit dabei. Stunden waren meine
Freundinnen und ich mit den Rädern am Main unterwegs - Bully hielt
mit. Im Wohnzimmer baute ich mit meiner kleinen Schwester ein Lager -
Bully kuschelte sich mit rein. Weihnachten wurde die Krippe
aufgestellt und wir spielten mit den Figuren - Bully warf sie
neugierig um. Später versteckten meine Freundinnen und ich uns, um
heimlich zu rauchen - Bully war unser verschwiegenster Zeuge. Als
die Pubertät kam, war oft alles einfach scheiße - Bully heulte mit.
Ich hatte gerade meinen Führerschein gemacht - Bully war mein erster
Beifahrer.
Natürlich
war nicht alles immer gut. Mir blutet jetzt noch das Herz, wenn ich
daran denke, dass ich ihm mit dem Alpha-Wurf Manieren beibringen
wollte. Richig schlecht wird mir, wenn ich mich in meiner Erinnerug
dabei beobachte, wie ich versuche, ihm mit einem kraftvollen
Leinenruck das Bei Fuß-Gehen zu erklären. Auf dem Hundeplatz wurde
uns das geraten. Denn Bully war kein einfacher Hund. "Der nimmt
dich nicht für voll", hieß es immer. Was näher herankam, war
die Aussage einer Trainerin, die meinte Bully sei falsch geprägt.
Heute würde man sagen, er leidet unter einem Deprivationssyndrom.
Das bedeutet, als Bauernhofwelpe ist er viel zu reizarm aufgewachsen,
sodass im Gehirn wichtige Verknüpfungen nicht entstehen konnten. Das
Resultat war, dass er fremde Menschen extrem aggressiv angehen
wollte. Zwar hat er nie jemanden gebissen, doch wer ihn bei seinen
Ausbrüchen erlebte, hatte keinen Zweifel, dass er ernst machen
würde.
Ein A für Anarchie. Denn die herrschte in Bullys Kopf. |
Ich
lernte jedenfalls, damit zu leben. Womöglich habe ich einfach
resigniert. Aber letztlich war es das Beste für ihn. Statt ihn mit
fragwürdigen Methoden zu erziehen, bin ich aus seiner Sicht
bedrohlichen Situationen aus dem Weg gegangen und habe Fremden
erklärt, dass dieser süße, unschuldig wirkende Collie-Mix nicht
gekuschelt werden darf. Das Ganze ist jetzt natürlich schon über 15
Jahre her. Aber ich bilde mir ein, dass diese Taktik die allgemeine
Situation entspannt hat.
Mit
Hunden hatte Bully kein allzu großes Problem. Klar gab es den ein
oder anderen Rüden mit dem er sich angelegt hat. Nur um seine
Erzfeinde, ein Airdale Terrier und ein Rottweiler, habe ich einen
Bogen gemacht. Alles andere waren nur laute Kommentkämpfe, die
unblutig ausgingen und nach denen die beiden Kontrahenten
anschließend reumütig Seite an Seite zu uns Besitzern
zurückgetrottet kamen. In meinem Jugendlichen Leichtsinn fand ich
das damals alles gar nicht so dramatisch. Heute würde ich vermutlich
ausflippen.
Ich
war schließlich 18 Jahre alt, als ich der Tierärztin an einem
eisigen Montagabend im Januar erlaubte ihn einzuschläfern. Der Boden
war gefroren, die Scheinwerfer eines Traktor spendeten Licht und es
dauerte eine Ewigkeit bis mein Onkel das Grab ausgehoben hatte. Bully
war erst sieben und er starb viel zu früh. Mittlerweile glaube ich,
dass es die falsche Entscheidung war und ich nicht alle medizinischen
Möglichkeiten ausgeschöpft habe. Nützt uns beiden jetzt nur nichts
mehr...
Auch
jetzt noch träume ich oft von ihm. Meistens habe ich drei Hunde:
Bully, Louni und Klimt. Sie verstehen sich prächtig. Mal sind wir
auf einem verlassenen Rummelplatz, mal auf einem Schiff. Manchmal
fällt mir im Traum ein, dass das nur ein Traum sein kann. Denn Bully
ist ja schon zwölf Jahre tot und wäre jetzt 21. Das schiebe ich
dann immer ganz schnell bei Seite, denke mir "bloß nicht
aufwachen jetzt!" und versuche weiter zu träumen.
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