Anfeindungen

 

Wohlstandshunde in einer Wohlstandsgesellschaft


Für die Wohlstandshunde in unserer Gesellschaft ist eigentlich fast alles geregelt. Schon das Tierschutzgesetz schreibt einiges vor: täglich frisches Wasser, ausreichend Auslauf im Freien außerhalb eines Zwingers oder einer Anbindehaltung, länger dauernden Umgang mit Betreuungspersonen, um das Gemeinschaftsbedürfnis des Hundes zu befriedigen, und viele weitere Dinge, die dem Tierwohl dienen sollen. Auch die Gemeindeordnungen regeln das Leben der Wohlstandshunde. So gibt es Regelungen, die besagen wo Hunde ohne Leine laufen dürfen und wo nicht. Es gibt die Verpflichtung im Gemeinde- oder Stadtgebiet den Hundekot aufzusammeln. Oft sind hierfür Kotbeutelspender angebracht, an denen der Halter sich die praktischen schwarzen Tüten ziehen kann. Wer die Scheiße liegen lässt, muss mit Geldstrafen rechnen. Auch in Miet- oder Eigentumswohnungen muss man sich an Regeln halten. Dreck im Treppenhaus oder länger andauerndes Gebell ist unerwünscht.


Eigentlich scheint also alles geregelt und die Regeln erscheinen erfüllbar. Doch nicht jeder hält sich daran. Ausbaden müssen das dann alle.

Ich habe mit meinen Hunden schon in verschiedenen Kleinstädten mit 15 000 bis 60 000 Einwohnern gelebt und in einigen Urlaube verbracht. Die Regelung bezüglich von Hunden waren unterschiedlich. Auch die Reaktionen der Menschen auf Vierbeiner waren es.

Eine Stadt fällt dabei aus dem Rahmen – wir nennen die Stadt einfach Wohlstandsstadt.


Reaktionen aus Wohlstandsstadt


Nie zuvor wurde ich mit meinen beiden Tieren so offen angefeindet wie in Wohlstandsstadt. Im folgenden drei Geschichten, um zu verdeutlichen, was ich damit meine:


Die Mistviecher

 

Zunächst bezog ich eine Wohnung direkt im Zentrum von Wohlstandsstadt. Um auf die Arbeit oder zu Grünflächen zu gelangen führte mein Weg durch die belebte Innenstadt. Dort führe ich an kurzer Leine einen Hund rechts und einen links an meiner Seite, als mir eine alte Dame mit ihren Einkaufstüten entgegenkommt. Ich und schon gar nicht meine Hunde hätten sie beachtet, hätte sie mir nicht aus dem Nichts heraus ein gehässiges „Mistviecher!“ ins Gesicht gezischt.


Die Pfefferspraylady

 

Doch nicht nur Menschen ohne Hund können ekelhaft sein. Manchmal kommt es  aus den eigenen Reihen! Mehrmals vorher schon war ich der korpulenten Frau mit den fettigen Haaren und der französischen Bulldogge begegnet. Meistens schrie sie mich an. Beim ersten Mal, weil meine Hunde ohne Leine liefen – ihrer übrigens auch. Im Gegensatz zu ihrem waren meine allerdings ohne Diskussion abrufbar.
Beim nächsten Mal schrie sie, weil ich meinen Rüden getreten habe. „Das macht man mit keinem Hund....“ mehr konnte ich aufgrund ihrer Stimmlage nicht verstehen. Von treten konnte im Übrigen nicht die Rede sein. Klimt hat sich beim Anblick der Dogge an der Leine so wild gebärdet, dass er mir vor die Füße geraten ist. Um zügig weiter gehen zu können, bekam er dann eben einen Knuff mit dem Knie gegen die Schulter.
Beim dritten Mal eskalierte die Situation: An einer Engstelle traf ich auf die Dame. Ich wartete kurz, um eine Begegnung zu vermeiden. Die Dame tratschte allerdings mit einer anderen Hundebesitzerin. Ich kam also näher. „Pass auf, das ist die mit den bösen Hunden“, sagte sie zu ihrer Bekannten und blieb beharrlich stehen. Ich rollte innerlich mit den Augen und ging weiter. Auf gleicher Höhe fing Klimt wie zu erwarten wieder an zu pöbeln. Da zückt die Frau mit der Bulldogge ihr Pfefferspray auf offener Straße nachmittags um 15 Uhr und fängt wieder zu schreien an: „Geh weiter sonst sprüh ich!“
Es ist so gar nicht meine Art, aber in dieser Situation ist mir einfach der Kragen geplatzt. Ich schrie tatsächlich zurück. Was? Ich weiß es wirklich nicht mehr. Ich war zu wütend. Die ganze Situation war ultra-peinlich. Aber ich konnte auch nicht zulassen, dass mich diese Person einfach so mit einer "Waffe" bedroht.


Der Spanner

 

Ich dachte in der Vorstadt gibt es weniger von den seltsamen Kleingeistern und die Spaziergänge würden entspannter. So zog ich in eine Neubausiedlung mit mehr Natur und weniger Menschen. Doch weit gefehlt!
An einem sonnigen Sonntagnachmittag im Herbst machte ich nur mit meiner Hündin einen Spaziergang in der Siedlung. An der Hecke eines Mehrfamilienhauses verschnüffelte sich das alte Mädchen und wir blieben dort einige Zeit hängen. Zunächst bemerkte ich einen Rollo, der in dem Haus fast bis ganz unten heruntergelassen wurde. Dann hörte ich ein Klopfen an der Scheibe und nahm im Spalt eine Bewegung war. Schließlich schrie etwas heraus: „Geh weiter mit deinem Hund!“ Hat er sich doch tatsächlich erst versteckt, um das Fenster zu öffnen und uns dann anschreien zu können. Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln. Louni hat übrigens weder gekackt noch gepisst oder sonst etwas störendes getan ausser an der Hecke zu schnuppern. 


Erklärungsversuche 

 


Ich könnte diese Episoden aus Wohlstandsstadt leider um noch einige erweitern, belasse es aber dabei. Statt dessen frage ich mich, wieso reagieren die Menschen so? Schlechte Erfahrungen mit bissigen, unerzogenen Hunden und rücksichtslosen Haltern? Angst, so wie im Fall der Pfefferspray-Lady, die mich im Anschluss in ein halbstündiges Gespräch verwickelt hat, in dem sie erklärte, dass es nur die Angst vor meinen Hunden ist, die sie so reagieren lässt? Langeweile? Unwissenheit, gar Dummheit? Intoleranz? Hass?
Ich weiß es nicht. Ich bin nur froh in der heutigen Zeit keiner weiteren Randgruppe anzugehören. In dieser Gesellschaft ist das sehr anstrengend. Mein Respekt gilt allen, die sich täglich aufgrund ihrer Herkunft, sexuellen Orientierung oder einfach ihrer Lebensweise behaupten müssen. 
Viel Kraft euch!

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